Bereits im Jahr 2024 wurde die Erwin Quarder Systemtechnik GmbH seitens der Volkswagen AG aus Braunschweig mit der Entwicklung inkl. Musterlieferung einer innovativen Lösung zur Kühlung von Steuersystemen in Elektroautomobilen beauftragt. Intern wird dieses Projekt / die neue Kühllösung schlicht als „VW Sockelrahmen“ bezeichnet.
Konkret ist der Sockelrahmen ein Bauteil einer Komponente des „HV-Herz“ aus dem Bereich des Batteriemanagements. Er dient als Trägerplatte mit integrierter Kühlung für die elektronischen Steuereinheiten und Stecker innerhalb der sich seit 2021 in Planung befindlichen SSP-Plattform (Scalable Systems Plattform = modulare Fahrzeugplattform für Elektroautos) von VW. Die SSP-Plattform soll die aktuellen MEB- (= Modularer E-Antriebs-Baukasten) und PPE- (= Premium Platform Electric – Baukastensystem für das „Premium“-Segment der Fahrzeughersteller) Plattformen für Elektroautos ersetzen und wird voraussichtlich ab 2029 eingeführt. Die Hauptmerkmale der SSP-Plattform sind ein modularer Aufbau von verschiedenen Fahrzeugtypen (z.B. Limousinen und SUVs) und ein einheitlicher An-triebsstrang (= die Standardisierung der Antriebsstränge, der Batterien und Software für alle Elektroautos der VW-Group). Die SSP soll auch für zukünftige Technologien (wie das autonome Fahren und fortschrittliche Batteriechemie) vorbereitet sein und auch für andere Automobilhersteller zur Verfügung gestellt werden – sie hat also eine Schlüsselrolle für die zukünftigen VW-Modelle und bildet die Basis für die nächste Generation von Elektroautos.
In der Produktion des Sockelrahmens löst der Kunststoffspritzguss in diesem Fall das klassische Aluminiumdruckgussgehäuse ab. Der Einsatz des Spritzguss-Verfahrens bietet einen enormen Gewichtsvorteil gegenüber dem Aluminium und lässt auch das anschließende Bearbeiten der präzisen Flächen und das zeitaufwendige Rührreibschweißen der Kühlbleche entfallen.
In dem Spritzgussbauteil sind bereits alle Funktionen integriert – nur die Kühlbleche aus Aluminium werden mittels der MPDB®-Technologie gefügt, so dass eine heliumdichte und langzeitstabile Verbindung zwischen Kunststoff und Metall entsteht. Sämtliche Kühlanschlüsse und Anschraubpunkte für die elektrischen Komponenten im Inneren des „HV-Herz“, sowie die umlaufenden Anschraubpunkte für das Anschrauben des Deckels und des Verpressens der Dichtung des Deckels, sind bereits im Spritzgussbauteil eingebettet. Die Kühlbleche dienen der Kühlung der Ladeeinheit, der Steckerkontakte und der Busbars. Das Bauteil befindet sich später oberhalb der Batterie (1st Floor) und liegt damit auf dem 2nd Floor des „HV-Herzens“. Nicht nur die Funktionsintegration ist beeindruckend, sondern auch die imposante Größe des Funktionsträgers mit integrierter Kühlung von ca. 1.115,2 x 422 x 125 mm im Spritzgussprozess zu realisieren.
Die Produktion der Spritzgussteile für die geforderten Musterteile erfolgt in China und in Kooperation mit einem Unternehmen, das auf die Entwicklung & Herstellung von Spritzgussformen und die Produktion von Spritzgussprodukten in dieser Größe spezialisiert ist. Hier in Espelkamp werden die hergestellten Kunststoffteile mittels der oben vorgestellten MPDB®-Technologie mit den Kühlblechen verbunden und die Dichtigkeit geprüft. Im letzten Prozessschritt werden die Anschraubpunkte in den Prototypen eingebracht und die Kühlbleche mit Potenzialausgleichen kontaktiert, bevor die Bauteile an den Kunden verschicket werden. Für den Aufbau der Prototypen wurde ein eigener Bereich neu in der Entwicklung im Werk 4 geschaffen, um alle Prozessschritte effizient durchzuführen.
Parallel zur Fertigung der Prototypen wird die Sockelplatte intern umfangreichen Tests unterzogen, um die Qualität anhand der Anforderungen des Kunden abzusichern und wertvolle Erfahrungen für die nächste Musterstufe und die Serie zu erlangen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden mittels regelmäßiger Abstimmungsrunden umgehend in die nächste B3-Musterphase übertragen.
Die ersten Musterteile wurden bereits in der KW20 ausgeliefert und werden innerhalb der VW Group umfassend geprüft und erprobt. Sobald die Tests erfolgreich abgeschlossen sind, startet bereits die angesprochene B3-Musterphase und die Serienfertigung rückt in greifbare Nähe.
Zum aktuellen Zeitpunkt sieht das Projekt des „Sockelrahmen HV-Herz“ sehr vielversprechend aus. Wir arbeiten alle zusammen und drücken gemeinsam die Daumen, dass VW die neue SSP-Plattform erfolgreich realisiert und unser Bauteil ein fester Bestandteil des herstellerübergreifenden Baukasten-Prinzips wird.